Montserrat Alejandre: Interview mit einer leidenschaftlichen Fotografin
„Es geht darum Gefühle einzufangen“
„Ich folge dem blauen Pfad, bis das Universum in mein Herz passt.” Mit diesen Worten des Dichters García Lorca überschrieb Montserrat Alejandre das Foto von der Milchstraße, mit dem sie 2015 den Concurso International de Astrofotografía der Kanareninsel La Palma im Bereich „Astronomische Landschaften“ gewann. Dabei ist die 41jährige gar keine professionelle Fotografin – aber sie versucht eine werden zu werden. Wir haben mit Montse, wie sie von allen genannt wird, ein bisschen geplaudert.
Sie ist eine sehr sympathische Erscheinung und kommt modisch-schick daher, ihre 41 Jahre sieht man der in Soria auf dem spanischen Festland geborenen Montserrat Alejandre nicht an. Ein gepflegtes Äußeres war auch in Madrid angesagt, wo Montse schon im Alter von 25 Jahren bei der Wertpapierbörsenaufsicht arbeitete. Denn sie hat was auf dem Kasten und einen Doktor in Wirtschaftswissenschaften sowie ein abgeschlossenes Jurastudium in der Tasche. Doch Montserrat schmiss diesen Traumjob hin und siedelte vor acht Jahren nach La Palma um:Meine Arbeit in Madrid war interessant und intellektuell sehr anspruchsvoll, aber auch sehr zeitintensiv – manchmal gab es Operationen, die bis 1 oder 2 Uhr morgens dauerten, und so war ich oft nicht Herr meiner Zeit. Außerdem ist es nicht besonders angenehm, in Madrid zu leben, alles ist so groß. Also habe ich mich nach acht Jahren in der Hauptstadt gefragt, ob ich den Rest meines Lebens so verbringen will und beschlossen, nach La Palma zu gehen. Ich war oft im Urlaub auf der Insel, und mir gefällt die Natur so gut...Im Blick auf ihre Ausbildung fand Montse auf La Palma keine vergleichbare Arbeit. Aber dafür einen Job im Büro des Instituto Astrofísico de Canarias (IAC) in Breña Baja. Hier ist sie für die Organisation von allem zuständig, was im Hintergrund der astronomischen Arbeit der Observatorien auf dem Roque de los Muchachos abläuft – bis hin zu den Besuchergruppen. Doch diese acht-Stunden-Tage füllten die gebildete Frau nicht wirklich aus, und so legte sie sich irgenwann ein interessantes Hobby zu:Mir hat das Fotografieren schon immer gefallen, schon in Madrid habe ich ein bisschen geknipst. Aber ich habe nie geplant, ein so hohes Nieveau wie jetzt zu erreichen. Der Auslöser war, dass es in den Observatorien viele Leute gibt, die Nachthimmel-Fotografie betreiben, und von diesen guten Freunden habe ich gelernt, worauf es ankommt. Dann hat mir meine Mutter eine gute Kamera geschenkt – eine Canon EOS 60D – und später habe ich mir noch die Profikamera mit Vollformatsensor Canon EOS 6D zugelegt... Eine gute Ausrüstung ist das eine – aber man braucht auch einen guten Blick und viel Durchhaltevermögen, um wie Montserrat Alejandre den ersten Preis beim alljährlich ausgeschriebenen Astrofotowettbewerb von La Palma zu gewinnen. Denn die Konkurrenz ist international und schläft nicht. Montse erklärt, wie sie mit der Kamera unterwegs ist:Fotografieren ist für mich inzwischen mehr als ein Hobby. Bei jeder Gelegenheit mache ich mich auf den Weg, wobei die Fotos oftmals schon in meinem Kopf sind, bevor ich sie schieße. Nachtaufnahmen und Landschaftfotos bedürfen der Planung, und manchmal muss ich mehrmals losgehen, bis ich den perfekten Moment einfangen kann. Denn hie und da ist Calima-Staub in der Luft, und dann kommen wieder Wolken oder Nebelfelder dazwischen. Bis mir das Siegerbild vom Astrofotowettbewerb 2015 gelang, vergingen zwei Jahre, bis ich den richtigen Aussichtspunkt und die Wetterbedingungen fand, die ich suchte... Seit langem nimmt die begeisterte Fotografin nicht mehr nur den Nachthimmel in den Fokus, sondern ist auch tagsüber mit ihren Kameras unterwegs. Mit Vorliebe richtet sie den Sucher auf die abwechslungsreichen Landschaften von La Palma bis hin zu den ganz kleinen Details der Natur, denn die Umwelt liegt ihr sehr am Herzen. Beliebte Motive sind außerdem die Kinder von Freunden und überhaupt Menschen - beispielsweise bei den bekannten Events auf La Palma wie dem Día de Los Indianos in Santa Cruz oder dem Megatrailrun Transvulania. Dabei drückt Montserrat nicht einfach nur auf den Auslöser, sondern wartet auf den opitmalen Augenblick:Mit einem Foto kannst Du Deine Sicht der Welt an andere Menschen weitergeben. Zudem wirst Du sensibler für die Natur, und es wird Dir wieder bewusst, dass wir unseren Planeten schützen müssen. Für mich ist die Fotografie inzwischen eine Form des künstlerischen Ausdrucks, und so suche ich Motive, die etwas übermitteln. Das Wichtigste für mich ist Gefühle einzufangen. Montses Ehrgeiz geht noch weiter. Nicht zuletzt, weil der acht-Stunden-Tag im IAC-Büro ihr keinen Raum lässt, ihre kreative Energie auszuleben, fasst sie ins Auge, sich der professionellen Fotografie zuzuwenden. Dazu hat sie nun als ersten Schritt eine Website ins Internet gestellt, auf der sie ihre Werke präsentiert. Darüber hinaus schließt Montserrat Alejandre nach acht Jahren auf La Palma die Möglichkeit nicht aus, irgendwann in die Schweiz oder nach Deutschland zu ziehen:Um in der Fotografen-Branche Erfolg zu haben, muss ich - wie andere Profis auf der Insel auch - über La Palma hinaus bekannt werden. Ich bin nicht verheiratet und habe keine Kinder - also total frei (lacht). Ich bin jetzt 41 Jahre alt, und ich kann nicht immer das Gleiche machen, bis ich in 25 Jahren in Rente gehe. Ich habe einen Abenteurergeist und keine Angst vor Veränderungen. Ich habe das ja schon einmal gemacht, als ich von Madrid nach La Palma gezogen bin. Man muss seine Ideen einfach umsetzen! Die Weltenbummlerin ist sich allerdings nicht sicher, ob und wann sie die Insel verlässt. Nur eines ist im Fall der Fälle klar: Sie wird immer wieder nach La Palma zurückkommen. Denn Montse trägt die Isla Bonita in ihrem Herzen:Schon als ich von Madrid nach La Palma gezogen bin, hat es mir gefallen, dass die meisten Menschen auf der Insel nicht so viel Wert auf den schönen Schein legen. Hier ist alles menschlicher als in der Großstadt, man ist sich näher, hilft sich und gibt sich Ratschläge. Auf La Palma habe ich in acht Jahren mehr Freunde gefunden als in 16 Jahren in Madrid (lacht).Liebe Montse, wir danken Dir für das Gespräch und haben keinerlei Zweifel, dass Du auch in Zukunft neue Freunde und den Erfolg findest!Von La Palma 24