Der Vulkan Teneguía im Süden von La Palma brach am 26.10.1971 aus
47 Jahre Geschichten um einen Feuerspucker
Erst rumpelte es wochenlang auf der Isla Bonita, und am 26. Oktober 1971 brach dann der Teneguía aus: Der Feuerspucker an der Südspitze der Kanareninsel La Palma feiert 2018 seinen 47. Geburtstag und verhält sich ruhig. Dennoch ranken sich viele Geschichten um den jüngsten Vulkan der Isla Bonita. Aber welche sind wahr - und welche sind nur Sensationshascherei?
Siebenmal schickten die Feuerspucker der Cumbre-Vieja auf La Palma in den vergangenen 500 Jahren Magma ans Licht der Welt – der Teneguía war das letzte Kind dieser Geburtenserie. Geologisch gesehen ist die Cumbre Vieja - der Richtung Süden gelegene Vulkanrücken auf La Palma - damit eine der aktivsten vulkanischen Regionen der Erde. Aber keine Panik: “Glücklicherweise sind Ausbrüche auf ozeanischen Vulkaninseln nur geringfügig explosiv und somit für die Bewohner kaum gefährlich”, erklärt Juan Carlos Carracedo. Der Vulkanologe des Spanischen Forschungsrats (CSIC) ist Experte für die kanarischen Inseln und hat auch das Besucherzentrum Centro Visitantes de Los Volcánes im Süden La Palmas gestaltet.
So versetzten die Erdstöße, die der Eruption des Teneguía 1971 vorangingen, die Palmeros mehr in Angst und Schrecken als der Ausbruch selbst. Vor allem die Bewohner der Süd-Gemeinde Fuencaliente konnten wegen der Erdbeben vor dem Ausbruch nicht mehr ruhig schlafen - 2.500 Evakuierte wohnten vorübergehend in Schulen. Darüber hinaus wackelte die Erde hinauf bis nach Los Llanos, so dass viele Menschen auch dort auf Nummer sicher gingen und im Freien übernachteten. Mit dem Ausbruch des Teneguía am 26. Oktober 1971 ließen die Beben nach, denn die Magma hatte sich an die Oberfläche gekämpft und übte nun keinen Druck mehr aus. Von nun an war von Angst keine Rede mehr - die rund drei Wochen dauernde Geburt des Teneguía artete zu einem regelrechten Volksfest aus. Tausende stürmten die Montaña de Las Tablas, von wo das glutvolle Naturschauspiel aus sicherer Entfernung beobachtet, fotografiert und gefilmt werden konnte. Sonntags packten die Palmeros Kinder und Proviant ein – und ab ging es zum Vulkangucken. Fechu, damals sechs Jahre alt, erinnert sich: “Alle haben sich dort getroffen und Picknick gemacht.” Und mehr als das. Die Eruption des Teneguía feuerte zudem den 1971 noch in den Kinderschuhen steckenden Tourismus an. Die kleine, bis dahin nahezu unbekannte „Isla Bonita“ rückte in den Fokus von Millionen Fernsehzuschauern, und Reisebüros offerierten sofort Sonderangebote für Vulkan-Fans. Bis in den späten November 1971 hinein spie der Teneguía aus sechs Schloten Feuer und Rauch. Rund 40 Millionen Kubikmeter Lava flossen dabei nach Süden und Westen und bildeten 100 Meter aufs Meer hinaus neues Land. Dieses Malpais befindet sich übrigens nicht im öffentlichem Besitz. Weil der Teneguía auf einem Privatgrundstück emporwuchs, gehört der Vulkan mitsamt seinen Lavafeldern bis heute der Familie Cabrera. 1987 wurde das gesamte Gebiet per Gesetz unter dem Titel Monumento Natural de Los Volcanes de Teneguía unter Naturschutz gestellt.Von Risikoforschern und Panikmache
Nach 25 Tagen kehrten die Evakuierten im November 1971 in ihre Häuser zurück. Dann verschwand die nordwestlichste der Kanareninseln wieder aus den Schlagzeilen. 1999 änderte sich das schlagartig, als Simon Day und Bill Mc Guire vom Benfield Greig Hazard Research Centre in London und Steven Ward vom Institut für Geophysik an der Universität von Kalifornien La Palma ins Visier nahmen. Die Risikoforscher behaupteten, ein erneuter Vulkanausbruch im Süden von La Palma würde das Grundwasser aufheizen, dieses sich sodann ausdehnen und die Westflanke der Cumbre Vieja absprengen, was einen 800 Stundenkilometer schnellen Mega-Tsunami zur Folge hätte. Diese Monsterwelle würde laut Ward, Day und Mc Guire innerhalb von sieben Stunden immer noch bis zu 20 Meter hoch an der Ostküste der USA aufschlagen. Ganz klar, dass dieses Horrorszenario ein gefundenes Fressen für die Medien in aller Welt war und eine regelrechte Filme- und Beiträge-Flutwelle auslöste. Die schwemmte vor allem die sorgfältige Berichterstattung ins Nirwana: „Die La Palma Tsunami-Theorie wurde in den Medien verbeitet, ohne die auf diesem Gebiet führenden Wissenschaftler zu konsultieren“, baten Vertreter der wissenschaftliche Gemeinde darum, die Panikmache zu beenden und die Fakten zu überprüfen. Aber es war schon zu spät – bis heute erlebt man auf La Palma, wie nachhaltig sich die sensationslüsternen und unseriösen Medienbeiträge in den Köpfen festgesetzt haben. Kaum ein Tourist weiß, dass die Theorie der drei Panikmacher längst widerlegt ist. In Gesprächen fragen die Inselgäste immer wieder, „ob die Einwohner keine Angst hätten, da doch die Westseite abbrechen könne“.Wissenschaftler der Uni Delft schaffen Fakten
Dass vor allem von Mc Guires 1999 zitiertem „jedem Moment“ keine Rede sein kann, wurde schon längst an der Fakultät für Hoch-Tief-Bau und Geowissenschaften an der Universität Delft in Holland bewiesen. Ein Expertenteam um Professor Jan Nieuwenhuis modellierte das Innere der Westflanke La Palmas und simulierte anschließend mit Hilfe des Computerprogramms Plaxis verschiedene Vulkanausbrüche und Wasserdampf-Explosionen. Bei der Bekanntgabe ihrer Erkenntnisse konnten sich die Holländer ein Schmunzeln nicht verkneifen: „Die Insel kooperiert nicht!“ Oder wie Jan Nieuwenhuis anschließend mit ernsten Worten formulierte: „La Palma ist einfach kräftig gebaut.“ Und zwar so kräftig, dass 12.000 bis 18.000 Giga-Newton – das entspricht der Beschleunigungskraft von 600 Millionen modernen Kampfjets – aufgewändet werden müssten, um die Westflanke abzusprengen. Die Erkenntnisse des Delfter Teams sind übrigens auch von der Wissenschaftler-Plattform www.phys.org anerkannt.Diese Power kann sich dem Delfter Team zufolge bei einem künftigen Vulkanausbruch nicht anstauen. Ihre Simulationen zeigen, dass das Grundwasser zwar aufsteigt und sich ausdehnt – allerdings nicht nur seitlich, sondern auch nach oben: „Es sei denn, der Vulkan hätte einen Stopfen, den nicht einmal Gott anbringen könnte“, lacht Nieuwenhuis. Zweites Argument, warum die Cumbre Vieja in nächster Zeit keine Rutschpartie veranstalten dürfte: Der Vulkan hat seine kritische Höhe und Steilheit noch lange nicht erreicht. „Nach der aktuellen Wachstumsrate schätzen wir, dass dies in circa 10.000 Jahren der Fall sein wird, dann wird die Cumbre um 1.000 Meter gewachsen sein“, bitten die Wissenschaftler aus Delft „um etwas Geduld“. Entwarnung aus Delft kommt auch im Blick auf den Riss, der sich 1949 beim Ausbruch des San Juan entlang der Südwestflanke gebildet hat. Der oftmals als "Disaster-Man" bezeichnete Mc Guire interpretiert ihn als Vorboten der Katastrophe – Nieuwenhuis dagegen bezeichnet die Spalte als „harmloses Oberflächen-Phänomen“ und bescheinigt dem Risikoforscher aus London „einen kompletten Mangel an Einsicht wie Bodenmechanik arbeitet“. So sei der Riss einfach eine Absackung des Vulkans wie es sie schon früher gegeben habe. Insbesondere die alten Absackungen bewiesen im Grunde, wie stabil La Palma inzwischen sei.Forscher simulieren Flankenabrutsch
Dennoch haben die Holländer den Flankenabrutsch am Bildschirm simuliert – und den Panikmachern um Mc Guire wohl endgültig den Spaß verdorben. „Den 50 Meter hohen Tsunami können sie vergessen“, stellten die Wellenexperten der TU fest. Das Worst-Case-Szenario zeigte, dass die kanarischen Inseln und Marokko von der Woge schwer betroffen wären, die USA und Europa indessen „nur nasse Füße“ bekämen. Nieuwenhuis erklärt darüber hinaus, dass die Westflanke niemals wie simuliert mit einem Pflatsch in den Atlantik knallen würde: „Die ersten Meter der Bewegung würden mehrere Tage lang dauern, möglich wäre es außerdem, dass der Vulkan ein Stück rutscht und dann in stabiler Stellung verharrt.“Resümee der TU Delft: „Nachdem was wir wissen, muss so viel schiefgehen, und alle Worst-Case-Szenarien müssen auf einmal eintreten, dass die Chance der Katastrophe sehr, sehr entfernt liegt – wir haben das Schlimmste angenommen, also können sich die Dinge nur als besser herausstellen.“Zum Abschluss noch ein Filmchen zum Ausbruch des Teneguía anno 1971:Von La Palma 24
Was passiert. wenn es gar kein abruschen geben wird, sondern ein Vulkankrater entsteht, innerhalb weniger Minuten würde sich ein Trichter mit Wasser füllen.
Durch die anschliessende Erwärmung würde es eine Veränderung der Dichte geben, die dann eine Blasenbildung an die Oberflöche transportiert und diese dann zu einer Geisterwelle wird.
Danke für diesen aufklährenden, gut recherchierten Artikel! Ich habe alle Informationen bekommen, nach denen ich gesucht hatte.
wie entstand der vulkan?
sonst sehr informativ