Rubén Sánchez aus La Palma: Hat´s in Berlin geschafft:
„Es ist gesund, andere Orte kennenzulernen“
Rubén Sánchez gehört zu den jungen Palmeros, die über den Tellerrand der kleinen Kanareninsel hinausschauen. 1981 in Santa Cruz geboren, verließ er die Isla Bonita schon zum Studium der Schönen Künste an der Universität La Laguna auf Teneriffa. Dort schrieb Rubén auch seine Doktorarbeit und machte außerdem seinen Abschluss am Conservatorio Superior de Música de Canarias im Saxophonspielen. Anschließend zog es den Künstler nach Berlin, wo er seit sechs Jahren lebt. Kürzlich kehrte er nach Santa Cruz zurück, um in der Sala O´Daly seine Ausstellung „The End of The World“ zu zeigen. Das La Palma 24-Journal nutzte die Gelegenheit und plauderte ein wenig mit dem talentierten Palmero.
Rubén, Du hast den großen Schritt gewagt und Deine Zelte inzwischen seit sechs Jahren in Berlin aufgeschlagen. Warum zog es Dich nach Deinem Studium nicht zurück nach La Palma?Rubén Sánchez: Der Grund war, dass es auf La Palma für Künstler zuwenig Möglichkeiten gibt, um sich zu entwickeln. Auch auf den Kanaren ist der Kunstmarkt begrenzt, man trifft immer auf die gleichen Leute. Das soll nicht heißen, dass mir La Palma nicht gefällt, ich schätze die Insel sehr, auch weil mich einige Leute hier kennen. Weshalb hast Du Dich für Berlin entschieden?Rubén Sánchez: Nach meinem Studium fasste ich zunächst Madrid ins Auge, aber dann haben mir zwei erfolgreiche kanarische Künstler, die in Berlin lebten, sehr viel Gutes über die deutsche Hauptstadt erzählt. Also habe ich mich für Berlin entschieden und noch auf Teneriffa angefangen, mit einer Privatlehrerin Deutsch zu lernen. In Berlin habe ich dann Sprachkurse an der Volkshochschule besucht. Hat das sofort geklappt mit Deiner Karriere als Künstler in der deutschen Hauptstadt?Rubén Sánchez: Das war und ist natürlich nicht leicht. Ich habe eine Weile mit Unterstützung der Künstler-Sozialkasse als Maler gearbeitet. Aber da habe ich manchmal viel Geld verdient und dann monatelang wieder nichts. Es ist sehr schwer, ohne die Unterstützung von kommerziellen Galerien von der Kunst zu leben. Deshalb arbeite ich inzwischen hauptberuflich als Kunst- und Musiklehrer an einer Berliner Schule, ab August 2014 werde ich an einem Gymnasium unterrichten. Dazu lasse ich gerade meine spanische Ausbildung zum Lehrer in Deutschland anerkennen, das dazu erforderliche große Deutsche Sprachdiplom C2 habe ich schon in der Tasche.Bist Du mit dieser Lösung zufrieden, und bleibt dabei noch genug Zeit zum Malen?Rubén Sánchez: Ja, ich bin glücklich, dass ich Kunst und Musik lehren kann, das gefällt mir sehr gut. Nebenher habe ich genug Zeit für meine Gemälde und Ausstellungen, aber der existentielle Druck ist weg. Ich kann nicht aufhören zu Malen, das ist für mich ein Lebenselixier. Der Vorteil von Berlin ist außerdem, dass man sich die Mieten noch leisten kann – zumindest da wo ich wohne am Prenzlauer Berg. Deshalb gibt es dort jede Menge Künstler, ich glaube, prozentual mehr als in jeder anderen Stadt. Schwierig ist es eben nur, von den kommerziellen Galerien in den Kunstmarkt aufgenommen zu werden. Was machst Du, um Deine künstlerische Karriere voranzubringen?Rubén Sánchez: Ich stelle in Vereinen und Firmen aus – zur Zeit bei HS Solid in der Hallerstraße 6. Dort findet am 7. August 2014 ein Empfang statt, bei dem die französische Sängerin Corinne Douarre auftreten wird. Die Ausstellung heißt „Punktum“und ich habe dabei meine Liebe zur Malerei und zur Musik kombiniert. Das heißt, zu jedem Gemälde wird es einen von mir komponierten Soundtrack geben. Punktum ist lateinisch und heißt soviel wie „Schluss jetzt“. Deine Ausstellung in Santa Cruz war mit „The End of The World“ überschrieben. Klingen diese Titel nicht etwas pessimistisch?Rubén Sánchez: Nein, im Gegenteil. Ich versuche immer, etwas Humor in meine Gemälde zu bringen, weil ich es gut finde, wenn man nicht alles so ernst nimmt. Künstler sollten sich ebenfalls nicht zu ernst nehmen. Auch in „The End of The World“ wollte ich nicht vorhersagen, dass die Welt endet, sondern den Horizont darstellen. Ich wollte einfach etwas Abstrakteres machen als bisher und habe alle Sonnenaufgänge und Sonnenuntergänge auf dem Kopf gemalt und dann auch kopfüber ausgestellt. Mein Ziel war, dass sich die Betrachter erstmal auf das Schöne und Ästhetische konzentrieren und nicht sofort erkennen, dass ist der Teide auf Teneriffa oder das ist ja La Gomera. Das hat auch ganz gut geklappt. Rubén, Du fliegst jetzt wieder nach Berlin. Wirst Du bald wieder mal nach La Palma zurückkehren?Rubén Sánchez: Auf jeden Fall, ich komme so zwei- bis dreimal im Jahr nach Santa Cruz, denn meine Mutter lebt hier. Und ich will wieder ausstellen, die Sala O´Daly ist ein toller Platz. Ich möchte nicht unbedingt den Begriff Heimat verwenden, das kommt mir so traditionell vor. Aber ich will die Verbindung zu La Palma nicht verlieren und brauche es, ab und zu hier zu sein, wenn auch nicht unbedingt lange. Vielleicht mal wieder länger im Rentenalter... Bis dahin ist es ja noch etwas hin... Würdest Du anderen Palmeros empfehlen, ihr Glück im Ausland zu versuchen?Rubén Sánchez: Das kann man nicht verallgemeinern. Meiner Ansicht nach muss jeder die für sich richtige Entscheidung treffen. Mir hat das Auswandern viel gebracht, ich habe sowohl auf Teneriffa als auch in Berlin viele neue Leute kennengelernt. Ich glaube, wenn ich auf La Palma geblieben wäre, wäre ich heute bestimmt ein ganz anderer Mensch. Ich denke, es ist gesund, andere Orte kennenzulernen und zu sehen, wie andere Menschen leben. Damit lernt man, andere zu verstehen – wenn man immer am gleichen Ort bleibt, lernt man das nicht.Rubén, wir danken Dir für Deine Einblicke und wünschen Dir alles Gute auf Deinem mutigen Weg!Von La Palma 24