Hannover und La Palma um 1890:
„Ich nehme die LeserInnen
mit auf eine spannende Zeitreise“
Barbara Schlüter pendelt seit 30 Jahren zwischen ihrer Heimat Hannover und La Palma. Und so bilden die Stadt an der Leine und die Isla Bonita die Kulisse ihrer beiden bisher erschienenen historischen Gesellschaftsromane mit Krimi-Touch. Allerdings geht es in „Vergiftete Liebe“ und „Verheimlichte Liebe“ nicht etwa um romantische Geschichten, sondern um sauber recherchierte Geschichte. Die verknüpft die Autorin mit Frauenschicksalen in der verkrusteten Wilhelminischen Epoche und nimmt die Leser mit auf eine spannende Zeitreise. Wir beleuchten, warum Dr. Schlüter das so gut kann.
Barbara Schlüter wurde mit Leine-Wasser getauft, und ihr Lebensmittelpunkt lag zumeist in Hannover. Dort studierte sie auch Geschichte, Politik und Wirtschaftswissenschaften, machte ihren Doktor und arbeitete sechs Jahre am Historischen Seminar der Universität der niedersächsischen Hauptstadt. Barbara Schlüter ist vom Fach und weiß, wie sie den historischen Details ihrer Geschichten auf die Spur kommt:Meine Bücher sind sorgfältig recherchierte Gesellschaftsromane – meine Figuren sind aber bis auf wenige Personen der Zeitgeschichte immer von A bis Z fiktiv. Ich nehme die LeserInnen mit auf eine Zeitreise, bei der sie mit meiner Heldin Elsa das Leben einer 18jährigen, adoptierten Waise im ausgehenden 19. Jahrhundet miterleben. Elsa gibt sich trotz ihrer großbürgerlichen Familie nicht mit Klavierspielen und Handarbeiten zufrieden, interessiert sich mehr für Naturwissenschaften und sieht ihr alleiniges Heil nicht im Heiraten. Außerdem ermittelt sie in meinem ersten, 2012 erschienenen Buch „Vergiftete Liebe“, in einem mysteriösen Todesfall am Königlichen Schauspielhaus in Hannover. 2014 veröffentlicht der Schardt-Verlag den zweiten Schlüter-Band „Verheimlichte Liebe“ - wiederum mit Elsa als Protagonistin. Im Gegensatz zum ersten Buch, in dem relativ kurz beschrieben wird, dass Elsa auf La Palma geboren wurde, widmet die Autorin der Insel nun sieben Kapitel und der Suche nach Elsas Wurzeln – mehr wird nicht verraten. Bevor ihr diese Geschichte aus der Feder floss, nahm Barbara Schlüter natürlich auch das einstige Leben auf La Palma akribisch unter die Lupe:Das war außerordentlich spannend. Ich musste erstmal rauskriegen, wie man 1891 nach La Palma kam und dann von Santa Cruz nach Los Llanos – und zwar mit dem Schiff und dann mit dem Maulesel. Für meine Recherchen bin ich in die Casa de La Cultura in Los Llanos gegangen. Dort gab es dankenswerterweise eine Festschrift zum 100jährigen Jubiläum der Stadt, bei deren Übersetzung ich an meine Grenzen stieß (lacht). Dann habe ich noch alle möglichen anderen Quellen wie Reisebeschreibungen herangezogen. 1890 haben Deutsche, Flamen und Engländer auf La Palma Geschäfte gemacht, und Santa Cruz hatte ein reges kulturelles Leben.Das ausgehende 19. Jahrhundert wählte die Schriftstellerin als Rahmen ihrer Werke zum einen, weil sie nicht noch einen weiteren Mittelalter-Roman auf den Markt werfen wollte, obwohl dieses dunkle Zeitalter eigentlich Schwerpunkt ihrer Arbeit am Historischen Seminar an der Uni Hannover war. Zum anderen sieht Barbara die Kaiserzeit als überaus bedeutsam an – insbesondere im Blick auf die Entwicklung der Emanzipation:Diese Zeit hat mehr mit uns zu tun, als wir denken. Denn die damaligen Vorstellungen über Frauen haben sich als sehr langlebig und zäh erwiesen. Und Rollenklischees werden zum Teil über Generationen hinweg völlig unreflektiert weitergegeben. Denken wir nur mal an die Diskussionen, als Angela Merkel als Kanzlerin kandidierte, und nicht wenige fragten, ob sie das als Frau überhaupt könne... Das ausgehende 19. Jahrhundert hat von den geistigen Fähigkeiten der Frauen sehr wenig gehalten, und Ärzte haben das in entsprechender Form vertreten – da wurde zum Beispiel über den „physiologischen Schwachsinn des Weibes“ räsoniert. Interessant ist, dass im Selbstvertrauen der Frauen bis heute Relikte aus dieser Zeit zu entdecken sind. Da gibt es immer noch Frauen, die sich weniger zutrauen als Männer, Frauen sind noch lange nicht so erfolgreich wie Männer, sind weder als Führungskräfte, noch in der Politik gleichberechtigt vertreten und verdienen immer noch in vielen Bereichen weniger als Männer. Deshalb informiere ich über die Geschichte, denn wenn Frauen nicht wissen, wo sie herkommen, können sie auch nicht beurteilen, wo sie heute stehen.Barbara Schlüter verfügt in dieser Hinsicht über einen reichen Erfahrungsschatz. Schon in den 1970ern bot sie als erste an der Uni Hannover Frauenthemen an – anfangs nicht ohne Stirnrunzeln im männlichen Dozentenkollegium. In den 80er Jahren sattelte sie um, absolvierte ein Aufbaustudium in der Erwachsenenbildung und war anschließend als selbständige Kommunikations-Trainerin in den Chefetagen großer Unternehmen unterwegs. Auch hier machte Barbara Schlüter einschneidende Erfahrungen im Blick auf die weibliche Komponente:Grundsätzlich ging es um Führungsfragen und das Miteinander im Team. Ich habe Spitzenmanager gecoacht und bin schnell darauf gekommen, dass Frauen in diesem Herrenclub exotisch waren. Da habe ich wieder angefangen zu forschen, und so ist 1987 das Sachbuch „Rhetorik für Frauen“ entstanden.Dieses Erstlingswerk der Autorin wurde ein Dauerseller: Mehr als 20 Jahre lang behauptete es sich am Markt und wurde zweimal aufgelegt. Frau Schlüter, warum verzeichnete dieses Buch einen so durchschlagenden Erfolg?Wie schon erwähnt, zieht sich die Abwertung der Frau wie ein roter Faden durch die Geschichte – und viele Frauen neigen dazu, sich unter Wert zu verkaufen. Deshalb war immer eines meiner Anliegen beim Coaching und beim Schreiben dieses Sachbuchs, dass Frauen sich selbst besser präsentieren und an ihrem Selbstbewusstsein arbeiten. Um erfolgreich zu sein, muss zuerst die innere Form stimmen, und erst dann kommt die äußere Form. Das hängt miteinander zusammen. Deshalb war das Kommunikationstraining für mich nicht nur Arbeitsfeld, sondern auch Vision und Berufung. Ende 2014 hat die Trainerin ihren Beruf an den Nagel gehängt, um sich völlig der Schriftstellerei zu widmen. Für ihre ersten beiden historischen Gesellschaftsromane brauchte sie jeweils zwei Jahre, denn da war „nebenher“ noch ein Mindestens-acht-Stunden-Job zu bewältigen. Jetzt kann Barbara Schlüter ihren dritten literarischen Ausflug in die Vergangenheit mit Muße austüfteln:Früher habe ich mir die Arbeit als Trainerin und als Schriftstellerin in Zeitblöcke aufgeteilt. Aber das ist nicht ideal. Besser ist es, am Ball zu bleiben – und das kann ich jetzt. Der dritte Roman wird wieder eine Geschichte mit Elsa werden, wobei Themen den Rahmen bilden, die ich bisher noch nicht beackert habe. Etwa wie es den Arbeiterinnen 1891 erging, oder was es mit den Diakonissen auf sich hatte. Verglichen mit den ersten beiden Büchern wird das dritte mehr Richtung Krimi gehen, im Titel wird das Wort „Liebe“ nicht mehr vorkommen, aber Hannover und La Palma werden wieder die Schauplätze der Handlung sein...Die stets umfangreichen Recherchen – zur Zeit kämpft sich Barbara Schlüter durch ein 200-Seiten-Traktat über Schwefel-Kohlenstoff-Vergiftungen der Gummiarbeiter um 1890 – erinnern an Ken Follet. Auch dieser weltberühmte Schriftsteller verdankt seinen Erfolg neben viel Schreibtalent dem exakten Studium der geschichtlichen Details, die die Handlungen seiner Figuren bestimmen. Haben Sie sich Autoren wie Ken Follet zum Vorbild genommen, Barbara?Ken Follet mag ich ganz gerne. Im Grunde habe ich aber keine großen Vorbilder. Ich lese gerne Schriftsteller des ausgehenden 19. Jahrhunderts, zum Besipiel Theodor Fontane. Der schrieb ja ebenfalls Romane über Frauenschicksale, wo es wie bei mir um die geringen Wahlmöglichkeiten der Frauen geht und um diese Doppelmoral: Männer durften alles – Frauen gar nichts.Das hat sich heute aber ein bisschen geändert, oder Barbara?Ja, der Anteil der Frauen an Abitur und Studium beträgt inzwischen mehr als 50 Prozent, wenn auch nicht in allen technischen Fakultäten. Ich bin seit mehr als zehn Jahren Mitglied im Verband deutscher Unternehmerinnen und finde es toll, was ich bei jüngeren Frauen beobachte, vor allem bei denen in den 30ern – super! Es geht voran...... auch auf La Palma?Ja, ich denke, hier hat sich auch etwas geändert. Als ich die Insel vor 30 Jahren kennenlernte, ging es hier sehr viel machohafter zu. Wobei man sehen muss, dass die Frauen schon immer im Hintergrund ihre Stricke gezogen haben. Heute sehe ich mit Freude, dass Palmeras Politik machen, Bus und Taxi fahren, es gibt zunehmend Frauen in der Geschäftswelt und in akademischen Berufen wie Apothekerinnen – da tut sich was!Liebe Barbara, das La Palma 24-Journal dankt für die Rück- und Ausblicke und wünscht weiterhin viel Erfolg beim Schreiben! Nachtrag der Redaktion: Inzwischen ist der dritte Band der Saga um Elsa mit dem Titel "Gerächter Zorn" erschienen. Wir haben auch über diese Geschichte mit der Autorin gesprochen.Hier gibt es die Romane von Barbara Schlüter:„Vergiftete Liebe“ und „Verheimlichte Liebe“ sind im Schardt-Verlag erschienen. In Deutschland sind sie in Buchhandlungen erhältlich, außerdem kann man sie via Amazon im Internet bestellen.Auf La Palma gibt es die „Verheimlichte Liebe“ in diesen Geschäften: La Sorpresa in El Paso, El Gecko in Puerto Naos, in der Buchhandlung LER in Los Llanos und im Kunsthandwerk-Laden Martín Miguel bei der Kirche in Los Llanos.Zur Website von Barbara Schlüter – hier klicken.
Von La Palma 24