Zum Jahreswechsel 2018/19 lebten 7,67 Milliarden Menschen auf der Erde. Es gibt zwar keine Statistik, wieviele von ihnen eine Sonnenbrille besitzen, aber die Zahl dürfte logischerweise ebenfalls in die Milliarden gehen. Nicht zuletzt deshalb, weil die dunklen Gläser neben dem Schutz der Augen ein modisches Must-have sind, jede Menge Leute gleich mehrere Modelle besitzen und jedes Jahr wieder mit dem neuesten glänzen wollen. Sprich: Der Sonnenbrillen-Markt ist unfassbar groß - und beinhart umkämpft!
Neben dem weltgrößten Brillenhersteller Luxottica, der auch die Rechte an unzähligen Luxusmarken wie Ray-Ban besitzt, konkurrieren Billigfertiger aus Fernost und die unvermeidlichen Plagiateure um Anteile. Wie soll Otto Normalverbraucher in diesem Dschungel eigentlich noch durchblicken? Ein renommierter Optiker bringt im Gespräch mit dem La Palma 24-Journal Licht ins Dunkel.
Der Fachmann rät:
„Mit grauen oder braunen Gläsern ist man auf der sicheren Seite!“
Allem voran: Es gibt keine Garantie, dass die Qualität einer Sonnenbrille parallel zum Preis steigt. Hier gilt: Fragen Sie den Optiker Ihres Vertrauens, und lassen Sie sich die in die Gestellbügel eingestanzten Angaben erklären. Denn diese liefern zumindest Anhaltspunkte zu den Schutzfunktionen. Da finden sich zum Beispiel das europäische CE-Zeichen, ISO-Angaben oder auch CAT-Nummern - letztere teilen Sonnenbrillen in fünf Gläsertönungskategorien ein. Die Hersteller versichern damit, gewisse Sicherheitsstandards einzuhalten. Oftmals steht auch UV-400 in der Fassung, das soll garantieren, dass bis zum für den Menschen nicht sichtbaren ultravioletten Bereich des Lichts von 400 Nanometern keine Strahlen durchkommen. Unser Optiker erklärt, dass die Zeichen im Gestell allerdings mit Vorsicht zu genießen sind:Problem Nummer 1 ist, dass jeder Produzent in den Bügel stanzen kann, was er will – manche benutzen sogar einfach nur Aufkleber, vom Kauf einer solchen Sonnenbrille ist dann total abzuraten. Denn es gibt keine unabhängige Kontrollinstanz – und wie sollte man auch die Milliarden von Sonnenbrillen kontrollieren? Es gibt übrigens nur sehr wenige Optiker, die die UV-Durchlässigkeit einer Sonnenbrille prüfen können, denn die dafür erforderlichen Geräte sind sehr teuer. Der zweite Punkt ist, dass Augenärzte einen weitergehenden Schutz auch über die 400 Nanometer-Grenze des UV-Lichts hinaus fordern, wo der blaue Bereich des sichtbaren Lichts beginnt. Das Auge vergisst nichts, aber das merkt man dummerweise nicht gleich. Die wenigsten Beschwerden treten sofort auf, schlimme durch zuviel Sonne bedingte Krankheiten zeigen sich oft erst später. Experten gehen inzwischen davon aus, dass nicht nur die ultraviolette Strahlung Bindehaut und Netzhaut reizt und schädigt, sondern bereits der etwas langwelligere Blauanteil im Bereich des sichtbaren Lichts Beeinträchtigungen der Makula hervorrufen kann – das ist die Stelle des schärfsten Sehens auf der Netzhaut. Um dies zu verhindern, ist die Farbe der Gläser von großer Bedeutung, wobei natürlich heutezutage der Löwenanteil der „Schutzscheiben vorm Auge“ nicht mehr aus Glas, sondern aus Polyacryl gefertigt wird, das viel leichter und 40-fach bruchsicherer ist. Hier die kleine Farbenlehre mit unserem Optiker im Blick auf den Sonnenbrillen-Kauf:Grundsätzlich gilt: Jedes Glas lässt bevorzugt die Lichtfarbe durch, die es selbst hat. Das heißt, auch wenn es gerade Mode ist, sollte man violette oder blaue Gläser tunlichst nicht tragen, wenn man vernünftig ist und diesen gefährlichen Grenzbereich abschirmen will. Übrigens schützt einen auch eine verspiegelte Brille nicht, die lässt nur geringfügig weniger Strahlung durch und ist reine Modesache. Wählt man dagegen die Komplementärfarbe ist man auf der sicheren Seite – bei Blau ist das Gelb. Deshalb sind die Gläser vieler Skibrillen gelb! Gelb ist aber nicht jedermanns Sache, deshalb mein Tipp: Am gleichmäßígsten absorbiert Grau die verschiedenen Lichtspektren. Braune Gläser zu wählen, ist ebenfalls eine gute Option, allerdings muss man hier wissen, dass sich die Farbwahrnehmung verändert. Denn Braun verstärkt die Rotanteile in den Farben. Genau umgekehrt ist es, wenn man grüne Gläser wählt, dann wird alles, was rot ist, blasser – Pflanzen dagegen erscheinen dem Betrachter intensiver grün. Sprich: Mit grauen oder braunen Gläsern macht man keinen Fehler. Aber jetzt kommt ein weiterer wichtiger Faktor beim Kauf der schützenden Nasenfahrräder: Es gilt zu überlegen, wo die Sonnenbrille zum Einsatz kommen soll. Unser Optiker erläutert, was es mit den Absorptionsstufen auf sich hat:Es ist ein großer Unterschied, ob man die Sonnenbrille an einem See in Österreich, auf einem 3.000 Meter hohen Berg oder am Meer tragen will. Hier auf La Palma empfehle ich sehr dunkle Gläser mit mindestens 80 Prozent Abdunklung, das entspricht der sogenannten Kategorie 3 – in der Stadt in Zentraleuropa dagegen reichen 50 bis 80 Prozent. Es gibt eine ganze Palette von Mustern in allen Abtönungen, und jede Farbe ist zum gleichen Preis zu bekommen.Wer die richtige Abtönungsstufe oder Farbe bei handelsüblichen Sonnenbrillen nicht findet, kann sich im Fachgeschäft auch individuelle Gläser einsetzen lassen – die meisten Fassungen der gängigen Modelle lassen dies nach Angaben unseres Optikers zu. Oder man wählt unter den Brillengestellen für Leute mit Sehschwächen eines aus, und lässt sich dazu Gläser ohne optische Wirkung in der gewünschten Farbe und Abtönungsstufe machen. Und es gibt einen weiteren Vorteil einer Gafa de Sol auf Maß:Es gibt viele Leute mit schwierigen Passformen. Das heißt, Standard-Modelle rutschen, schließen nicht gut ab, passen nicht auf die Nase, sind zu klein oder zu groß. Aber eine Sonnenbrille sollte auf jeden Fall sehr gut sitzen, damit auch von oben, unten und von der Seite kein schädliches Licht einfallen kann. Besondes am Meer, wo es große Reflexstrahlung gibt, ist das ein Thema. In Sachen Qualität gibt es einen Punkt, den Viele gewiss gar nicht kennen: Eine Sonnenbrille sollte auch verzerrungsfrei sein. Ob dem so ist, kann man selbst testen. Unser Optiker verrät, wie´s geht:Man sucht sich ein festes, gerades Objekt wie zum Beispiel die Kante eines Regals oder eine Stange. Nun bewegt man die aufgesetzte Sonnenbrille leicht waagrecht und senkrecht, dann sieht man, ob sich die gerade Linie verzerrt. So stellt man fest, ob das Glas an jeder Stelle eine Nullkorrektur hat. Das ist oft nicht der Fall, da sogar Experten von den Zeiss-Werken mir einmal gesagt haben, dass es schwieriger ist, ein Glas mit der Wirkung null herzustellen als eines mit minus eins. Dieser Selbsttest gilt nicht für Leute mit Fehlsichtigkeit oder Hornhautverkrümmung, da muss man mit seinem Optiker reden.Der Gang ins Fachgeschäft ist außerdem unumgänglich, wenn man eine Brille mit photochromen Gläsern möchte, die sich bei viel Licht automatisch abdunkeln und in Räumen wieder heller werden. Unser Optiker weiß, dass die heute viel besser sind als noch vor einigen Jahren:Früher war das ein echtes Problem. Bei Lichtveränderungen – zum Beispiel bei der Einfahrt in einen Tunnel – dauerte die Aufhellphase zu lange. Heute geht das fast so rasch wie das Abdunkeln. Außerdem bietet sich noch eine weitere Alternative: Brillen mit sogenannten Verlauftönungen! Die sind oben dunkel und unten hell. Der Vorteil ist, dass es keine Anpassungszeiten gibt.Wer seine Augen optimal schützen möchte, sollte also ganz einfach mal mit einem Optiker sprechen. Gute Fachgeschäfte bieten Normalsichtigen übrigens auf Wunsch im Rahmen der Sonnenbrillen-Suche einen kostenlosen Test ihrer Sehstärke an. Doch der Großteil der Gafa de Sol-Kunden tickt ganz anders:Die meisten wollen gar keine Beratung. Da setzen die Männer stundenlang Damenbrillen auf und merken´s gar nicht. Oder andere kommen im Frühjahr in den Laden und wollen einfach das neueste Modell von Ray-Ban, ansonsten gehen sie direkt wieder. Die Wenigstens kaufen sich heute eine Sonnenbrille beim Optiker – es gibt so viele Alternativen in Kaufhäusern, auf Flüghäfen, in den Shopping-Meilen der Ferienorte... Das gilt auch für die fertigen Lesebrillen: Viele Menschen wissen gar nicht, dass sie zwei grundverschiedene Augen haben, oder dass der Augenabstand wichtig ist. Aber da kann man halt nicht helfen...Anmerkung der Redaktion: Treffer – versenkt: Abgesehen von den Reichen und Schönen dieser Welt hat wohl fast schon jede(r) mal so ein Brillchen-to-go mitgenommen. Ich auch. Aber es ist und bleibt ja für den Laien ohne unabhängige Kontrollinstanzen wirklich schwierig, in der Flut der Angebote die Spreu vom Weizen zu trennen.Fazit: Finger weg von Superbillig-Ware aus Fernost, die oft nicht mal Schutz vor UV-Strahlung bietet und mit Fake-Angaben im Bügel daherkommt. Ansonsten empfehlen wir seriöse Sonnenbrillen-Testberichte zu studieren, bei denen günstige Modelle gegenüber teurer Designerware oft gar nicht mal so schlecht abschneiden. Und wem seine Augen wichtig sind, der geht zum Optiker, weil sich das langfristig auszahlen könnte. Außerdem ist eine maßgefertige Sonnenbrille für Normalsichtige, wenn man keine allzu teure Fassung wählt, sogar günstiger als eine aus dem Luxus-Segment.Von La Palma 24