Der Fotograf Emilio Barrionuevo und das La Palma Cotidiana-Fotofestival
Ein Sessel auf der Straße wandert bald durch Europa
Emilio Barrionuevo fotografiert mit Leidenschaft und am liebsten Porträts. Diese Liebe zum Beruf spiegelt sich in seinen Bildern wider, die beim Betrachter oftmals eine Saite zum Klingen bringen: „Das geht mitten ins Herz“, schreibt zum Beispiel eine Freundin auf seiner Facebook-Seite, und ein anderer Fan sagt: „Da ist Magie drin“. Die Begeisterungsstürme ausgelöst hatte das Fotofestival La Palma Cotidiana – La Palma alltäglich -, bei dem Emilio Barrionuevo im Sommer 2017 mit seiner Kamera ganz normale Leute auf Straßen und Plätzen der Insel spontan abgelichtet hat. Und diese Bildergeschichte wandert nun weiter nach Barcelona, Berlin, Köln und Paris, erzählt der Face-Man im Gespräch mit dem La Palma 24-Journal.
Emilio, erklären Sie doch bitte nochmal, was es mit dem Fotofestival La Palma Cotidiana auf sich hat.Emilio Barrionuevo: Das war eine Idee der Asociación Karmala Cultura, ein Verein der in allen Kulturbereichen auf der Insel sehr aktiv ist. Das Projekt begann in Santa Cruz, wobei wir einfach einen Sessel in die Fußgängerzone stellten und die Passanten fragten, ob sie sich darin fotografieren lassen wollten. Im Laufe der Zeit ging das Fotofestival weiter nach Mazo, Los Llanos, Garafía, Breña Alta, El Paso und Tijarafe. Am Anfang in der Hauptstadt waren noch mehrere Fotografen dabei, aber die hatten dann keine Zeit mehr, und so habe ich zusammen mit dem Kulturverein Karmala allein weitergemacht.War es eigentlich einfach, die Leute zum öffentlichen Posieren im Sessel zu bringen?Emilio Barrionuevo: Am Anfang in Santa Cruz war es etwas mühsam, die Passanten waren zuerst vorsichtig und auch schüchtern, denn sie wussten noch nichts von dem Projekt. Es hat gedauert, bis ein paar Platz nahmen. Aber dann haben wir die Fotos in den sozialen Netzwerken veröffentlicht, wobei sich die Porträtierten ihr Foto natürlich gratis herunterladen konnten, und alles begann super zu laufen. Immer mehr Leute baten uns, das in ihrer Gemeinde auch zu machen. Wie fanden das die Rathaus-Chefs – habt Ihr Genehmigungen für das Festival La Palma Cotidiana gebraucht?Emilio Barrionuevo (lacht): Nein, das lief ganz unbürokratisch, wir durften im Lauf der Zeit sogar die Sessel der Bürgermeister benutzen. Die Alcaldes waren voll dabei, denn auf diese Art konnten sie sich den Bürgern ja sozusagen mit einem Augenzwinkern annähern. Und die Menschen auf der Straße fanden es natürlich witzig, mal wie der Gemeinde-Kapitän zu sitzen, sie hatten beim Posieren richtig Spaß, zeigten Initiative und verhielten sich ganz natürlich vor der Kamera. Auf den großen Plätzen in Santa Cruz und Los Llanos bildeten sich teilweise Schlangen von Leuten, die warteten, bis sie Platz nehmen konnten. Mir gelangen tolle Porträts, Mütter mit ihren Kindern, Großeltern mit ihren Enkeln, ganze Familien, Gruppen junger Leute – es war eine super Sache.Welcher Gedanke steckt eingentlich hinter dieser Aktion?Emilio Barrionuevo: Karmala Cultura wollte mit diesem Projekt an die Vergangenheit erinnern, als die Menschen noch zum Fotografen gingen, um ein Porträt, ein Familienbild oder ein Foto für den Ausweis machen zu lassen. Deshalb haben wir sozusagen das Studio auf die Straße verlegt, damit die Leute mal wieder einem Fotografen begegnen. Vor allem in unserer Zeit, wo jeder auf dem Mobiltelefon Fotos ohne Ende schießt, und sich jeder als Fotograf fühlt. Ihr habt inzwischen mehr als 3.000 Leute auf La Palma abgelichtet – wurden die vielen Posts in den sozialen Netzwerken auch außerhalb der Isla Bonita bemerkt?Emilio Barrionuevo: Ja, andere Städte haben uns entdeckt und uns gebeten, das auch bei ihnen zu machen. Im November reisen ich und Karmala-Sprecher Keybis Keba Danso nach Barcelona, Berlin, Köln und Paris. Auf La Palma ist das Projekt vorläufig abgeschlossen, damit es die Leute nicht ermüdet – aber wir werden im kommenden Jahr weitermachen, und dann wird es auch eine Ausstellung mit den besten Bildern aus 2017 geben.Aber jetzt geht´s erstmal in die große weite Welt...Emilio Barrionuevo: Ja, das ist eine große Herausforderung, und ich freue mich schon sehr darauf. Diese kosmopolitischen, multikulturellen Millionenstädte kann man mit La Palma natürlich nicht vergleichen - ich bin gespannt auf die Resonanz und Ergebnisse. Wo wird der Sessel in Berlin aufgestellt – vorm Bundestag?Emilio Barrionuevo: Vielleicht – wir probieren´s mal... Vielleicht nimmt ja Frau Merkel Platz? (lacht).Das Projekt La Palma Cotidiana weitet sich offenbar aus. Das kostet Sie und Karmala Cultura viel Zeit und Geld...Emilio Barrionuevo: Das stimmt, und wir verdienen damit nichts, wie bereits erwähnt, können die Leute ihre Porträts gratis downloaden. Es ist eine gemeinnützige Aktion, und die nun entstehenden Reisekosten trägt Karmala. Im Blick auf die von mir investierte Zeit kann ich nur sagen: Die nehme ich mir gerne neben der Arbeit in meinem Studio. Das alltägliche Leben ist wie frische Luft für meinen Geist, und ich genieße es, wenn die Leute Spaß haben – meine Arbeit ist keine Arbeit – sie ist ein Vergnügen. Der Kontakt mit den Menschen und die Herausforderung, das Wesen jedes Einzelnen im Bild zu erfassen, macht mich glücklich. So glücklich wie der Preis, den Sie bei den Portrait Photo Awards 2017 gewonnen haben?Emilio Barrionuevo: Nun, der hat mich nicht nur glücklich, sondern auch ein bisschen stolz gemacht. Denn die Portrait Photo Awards sind ein Wettbewerb, bei dem Fotografen aus aller Welt ihre Porträts einreichen, und ich war der einzige Spanier unter den diesjährigen Preisträgern. Das war schön, denn auf La Palma gibt es viele Talente, und man muss seine Arbeit manchmal nach außen schicken, um wahrgenommen zu werden. So nach dem Motto: Der Prophet im eigenen Land gilt nichts (schmunzelt).Das ist aber etwas untertrieben, Ihr Studio in El Paso läuft doch gut. Sie arbeiten ja schon seit sieben Jahren als Berufsfotograf, Ihre Bilder werden immer mal wieder in Zeitschriften publiziert, und Sie machen Ausstellungen. Warum haben Sie eigentlich von Ihrem ursprünglichen Beruf als Goldschmied auf Fotograf umgesattelt?Emilio Barrionuevo: Die Arbeit als Goldschmied – ich war 20 Jahre lang in der Joyería Ferreiro tätig – war sehr schön und gefiel mir sehr gut. Aber dann habe ich eher zufällig entdeckt, dass mein Herz für die Fotografie schlägt. Ich habe ein Porträt der Tochter einer Freundin gemacht und dieses Foto hat mich aufgeweckt. Ich glaube, wir alle haben diesen schlafenden Löwen in uns. Plötzlich spürte ich, das ist das, was mich ausfüllen könnte, und dann begann ich beruflich umzusatteln. Am Anfang habe ich Landschaften und Städte fotografiert, aber seit einigen Jahren mache ich nur noch Porträts. Vor allem arbeite ich mit Gesichtern in schwarz-weiß.Dazu gehört auch Ihr Projekt mit dem Titel „Nomadas“...Emilio Barrionuevo: ...genau, auch da gehe ich wie beim Cotidiana-Festival auf die Straße. In diesem Falle suche ich allerdings besonders markante Gesichter. Die Nomaden-Serie heißt so, weil ich die porträtierten Leute zuvor nicht kenne. Sie streifen mein Leben nur einen Moment lang, und ich versuche mit meiner Kamera, das Gefühl des Augenblicks einzufangen, in dem sie mir ihre Seele öffnen. In Berlin werde ich diese Bilder übrigens neben meiner Cotidiano-Arbeit in einer Ausstellung zeigen, der genaue Termin und Ort stehen allerdings noch nicht fest.Emilio, wir danken Ihnen für das Gespräch, und werden über die Fortsetzung des La Palma Cotidiana-Fotofestivals auf dem europäischen Festland weiterhin berichten.Wer sich für die Arbeit im Studio von Emilio Barrionuevo interessiert, der auch hochwertige Fotobücher für seine Kunden zusammen mit einer Druckerei in Deutschland herstellt, schaut sich am besten seine Internetauftritte an. Denn Bilder sagen bekanntlich mehr als 1.000 Worte.Hier geht es zur Website von Emilio Barrionuevo. Link zur Facebook-Seite von Emilio.Von La Palma 24