Harald Braem: spannende Einblicke in ein buntes Leben und neues Buch „Der Libellenmann“
Von lila Kühen, geträumten Büchern
und fließenden Gehirnhälften
Am 23. Juli 2016 feierte Harald Braem seinen 72. Geburtstag. Doch wer ihn kennt, kann das kaum glauben: Der Autor von knapp 40 Büchern – darunter auch einige über La Palma und die Kanaren – sprüht vor jugendlichem Elan und ist kaum zu bremsen. Und so glich auch unser Interview mit ihm einer Achterbahnfahrt: Achtung anschnallen!
Harald Braem steht im renommierten People Lexicon „Who´s Who”. Denn aus seiner Feder flossen bisher rund 750 Einzelveröffentlichungen sowie zahlreiche historische und fantastische Romane, Erzählungen, Märchen, Gedichte und Sachbücher. Außerdem wurde er 1981 an die Fachhochschule Wiesbaden als Professor für Kommunikation und Design berufen, gründete 1989 das Kult-Ur-Institut für interdisziplinäre Kulturforschung, lieferte Vorlagen für Filme und wurde 2005 mit der Verdienstmedaille des Landes Rheinland-Pfalz ausgezeichnet. Das macht schon Eindruck - wenn Harald zurückblickt, klingt das allerdings etwas lockerer:Ich habe schon als Schulkind Gedichte und Erzählungen geschrieben, die zum Teil in der Zeitung abgedruckt wurden. Und wenn mein Deutschlehrer einen Aufsatz von mir las, fragte er mich immer, ob ich das schon veröffentlicht habe, und ermahnte mich, ihm die Wahrheit zu sagen, bevor er mir eine Note gebe (lacht). Peinlich war auch, dass ich lange Zeit Klassenbester war, bevor ich keine Lust mehr hatte. Ich bin dann mit 16 aus der Schule ausgestiegen. Denn dort war es so dermaßen langweilig, da habe ich lieber zuhause im Chemielabor Hexensalben hergestellt. Außerdem war ich Ehrenmitglied des Museumsvereins von Hildesheim, weil ich schon mit zehn Jahren das älteste Stadtwappen beim Spielen an der Treibe gefunden habe – dadurch hatte ich freien Museumeintritt. Da bin ich doch lieber in die Museumsbibliothek oder zu den Präparatoren gegangen als ins Gymnasium (lacht).Rebellisch und vermutlich hochbegabt verfolgte Harald seinen Weg trotz frühen Schulabbruchs munter weiter. Um zu überleben, leistete er „Schwerstarbeit bis zum Zusammenbruch am Fließband und Hochofen“, machte irgendwann dazwischen die Fachhochschulreife und studierte dann Visuelle Kommunikation, Marketing, Psychologie, Archäologie sowie Kunst- und Kulturgeschichte. Und hoppla-di-hopp versprühte er alsbald seine Ideen als Creative-Director, Grafiker, Werberater und Texter in renommierten Werbeagenturen. Sein besonderes Interesse galt stets der Farbpsychologie, und dazu zieht Harald eine ganz bunte Schublade aus dem riesigen Schrank seiner Erinnerungen:Der Kick war die lila Kuh! Die Idee für den Slogan „Die zarteste Versuchung, seit es Schokolade gibt“ kam aus meiner Gruppe bei der Werbeagentur „Young & Rubicam“ in Frankfurt. Ich habe rumgesponnen und mich gefragt: Welche Farbe hat denn nun eigentlich die Verführung? Das ist lila, gell? Also malten wir die Kühe lila an, fuhren ganz euphorisch zum Kunden und sagten: Wir haben´s gefunden! Aber der zuständige Manager machte uns nieder und sagte, wir wären besoffen und bekifft, das wären doch glückliche Kühe auf sauberen Almen. Oh, oh, dann sind wir fast selbstmord-gefährdet nach Hause gefahren und dachten, einen Millionen-Etat vergeigt zu haben. Aber wir gaben nicht auf, und sagten uns, das machen wir noch schärfer und lassen in den Städten gigantische lila Kühe fliegen und machen die ganzen Regale lila, scheißegal. Beim zweiten Anlauf lief dann alles sensationell anders, in so einem Konzern begegnest Du ja immer wieder anderen Managern. Und so kommt´s, dass heute in den Supermärkten alles lila ist – sogar die Pause... (lacht sich schlapp). Diese Geschichte war übrigens mit ein Grund, warum ich 1981 als Professor an die Fachhochschule für Kommunikation und Design in Wiesbaden berufen wurde. Sein Schwerpunkt an der FH: natürlich Farbenlehre. 1985 veröffentlichte Harald Braem das Buch „Die Macht der Farben“ und 1986 „Brainfloating“. Bis ins Millenium-Jahr 2000 ging der Herr Professor diesem Job nach, und erklärt heute, warum:Ich bin total neugierig und habe Zeit meines Lebens aufs studium generalis gesetzt. Also habe ich auch immer versucht, meinen Kommunikations-und-Design-Studenten einen Blick über die engen Grenzen des Studienfachs hinaus zu eröffnen. Leute wie der Kultusminister, die den Lehrplan machen, blicken doch gar nicht durch. Also haben wir die Inhalte selbst entwickelt, und das war total geil, das war der beste Job aller Zeiten (lacht sich schon wieder schlapp). Darunter war zum Beispiel Brainfloating, das man im Gegensatz zum Brainstorming auch alleine machen kann. Es ist ganz einfach: Du hast eine Gehirnhälfte für Bild und eine für Text, und wenn Du die zusammenbringst, gibt eins und eins nicht zwei, sondern drei. Denn in dem Moment, wo die beiden Hälften in entspanntem Zustand miteinander floaten, kommt man sozusagen in die dritte Dimension – und dann haste plötzlich Erkenntnisse... Brainfloating funktioniert, das hat Harald Braem bewiesen: Allein in den 1980er-Jahren veröffentliche er die Flut von 15 Büchern, darunter sein erster Bestseller „Der Löwe von Uruk“ – ein Roman über den sumerischen König Gilgamesch Anfang des dritten Jahrtausends vor Christi. Harald erzählt, dass es ihm beim Debüt in diesem Genre nicht besser als vielen anderen Romanautoren erging:Ich habe das Gilgamisch-Epos auf sumerischen, arkadischen und anderen Texttafeln studiert, einen Roman daraus gemacht und ihn an verschiedene Verlage geschickt. Aber ich bekam nur Absagen, von Rowohlt sogar einen dreiseitigen Schimpfbrief (lacht). Dann meldete sich plötzlich der Piper-Verlag, die wollten es sofort haben und kamen dann mit dem Drucken kaum mehr nach, weil es auf der Spiegel-Hitliste landete. 1990 schrieb ich dann das Buch „Hem-On der Ägypter“, weil ich von Kind an im Hildesheimer Museum das alte Ägypten studiert hatte. Der damalige Piper-Verlagschef fragte mich dann, ob ich schon mal dort gewesen sei, und als ich das verneinte, sagte er: „Dann fahren Sie doch mal dahin, Sie müssen doch die Kamelscheiße riechen!“Harald flog an den Nil – und erschnupperte seine Buchgrundlagen noch an vielen anderen Orten der Welt. 1984 landete er erstmals auf der Kanareninsel La Palma an, verliebte sich sofort in die Isla Bonita und schrieb sein erstes Buch über den Archipel „Kanarische Inseln, auf den Spuren atlantischer Völker“ – übrigens wurde auf dessen Basis 1990 im Rahmen der ZDF-Terra-X-Reihe der Film „Die Inseln des Drachenbaums“ gedreht, Harald Braem war im Team. Von nun an zog es den Professor und Schriftsteller immer öfter auf die „Inseln der Glückseligen“, und zusammen mit anderen Archäologen begab er sich auf die Spuren der Ureinwohner von La Palma, La Gomera, Teneriffa und Gran Canaria. Dabei gewann der Forscher nicht nur Erkenntnisse, sonder grub auch einige Fundstücke aus dem Leben der Guanchen aus, die heute in einem Museum auf La Gomera und im Museo Archeológico Benahoarita (MAB) in Los Llanos auf La Palma ausgestellt sind. Und so spielen unter den 14 Büchern, die Harald Braem in den 1990er-Jahren schrieb, zwei auf den Kanaren: „Tanausú“ und „Der Vulkanteufel“, der inzwischen als „Der Feuerläufer“ verfilmt wurde. Im neuen Jahrtausend war der Autor nicht weniger fleißig, legte nochmal sieben Werke nach, drei davon wieder mit kanarischen Wurzeln: 2010 erschien der archäologische Reiseführer „Auf den Spuren der Ureinwohner“, 2012 der Kanaren-Thriller „Tod im Barranco“ und 2013 die Neuauflage der märchen-mythischen Erzählungen „Der Kojote im Vulkan“. Im Herbst 2016 veröffentlichte Harald Braem sein neuestes Buch „Der Libellenmann“ - Ort der Handlung ist wiederum La Palma, wo er seit vielen Jahren zusammen mit seiner Frau und Künstlerin Sylvia Catharina Hess circa die Hälfte des Jahres in einem Haus in La Punta lebt. Protagonist ist der alternde Berufsfotograf Hans Bellmann, der nur noch Frieden sucht. Spiegelt sich hier der nimmermüde Tausendsassa Harald wieder, der so langsam ein bisschen ruhiger wird?Vielleicht... auf jeden Fall ist der „Libellenmann“ eine Liebeserklärung an La Palma mit kriminalistischemTouch. Hans Bellmann hat eigentlich die Nase voll von Sensationen, als seine Chefin ihm ein Projekt mit einer Kamera-Drohne finanziert. Dabei entdeckt er die Schönheit der Insel, aber auch einen zwanzig Jahre alten Mordfall, der bis in die Gegenwart nachwirkt...Mehr wird natürlich nicht verraten. Nur soviel, dass Harald Braem das nächste Buch – diesmal geht´s ums Schlemmen auf den Kanaren - schon wieder fix-fertig im Kopf und teilweise schon auf dem Zettel hat. Denn er schreibt alles von Hand, seine Frau Sylvia tippt seine Zeilen dann in den Computer ein und lektoriert sie als studierte Germanistin gekonnt. Das kann ganz schön stressig sein, denn manchmal entsteht ein Buch bei Harald fast mit Schallgeschwindigkeit:Das Wahnsinnigste, was mir passiert ist, war, dass ich einen kompletten Fantasy-Roman geträumt habe – und man weiß ja aus der Schlafforschung, wie kurz eine solche REM-Phase ist. Ich wachte auf und dachte, Donnerwetter, was ist denn jetzt los, und dann habe ich zwei Wochen lang geschrieben, okay, und zwischendurch auch mal was gegessen. Da kriegste ne Gänsehaut...... und Romanautoren bekommen wahrscheinlich einen Neidanfall. Harald Braem lebt und schreibt übrigens so gerne auf La Palma, weil „hier immer alles flutscht“. Er führt das auf die „spezielle Energie“ der Insel zurück, die man an Plätzen wie am Idafe-Felsen in der Caldera oder an der Fuente Santa im Süden spüren könne. Ihm würde es auch nicht langweilig, wenn er das ganze Jahr hier leben würde, sagt Harald:Auf La Palma wache ich morgens schon gut gelaunt auf, gucke raus, arbeite im Garten, bin mal unterwegs oder schreibe. Was willst Du mehr...Apropos Leben: Was sagt Harald Braem nach sieben bewegten Jahrzehnten? Ich glaube, ich würde alles nochmal genauso machen – okay, ein paar Sachen könnte man schon besser machen. Aber wir sind ja nicht im Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“ und haben diese Zeitschleife, um Fehler zu vermeiden oder eleganter zu lösen. Natürlich habe ich jede Menge Fehler gemacht, aber darüber reden wir jetzt nicht, das ist zu peinlich (lacht gemeinsam mit seiner Frau Sylvia aus vollem Hals).Harald, wir danken Dir für das Gespräch und sind gespannt auf weitere Braem-Bücher!Harald Braem: Infos und neues Buch "Der Libellenmann"
Harald Braem Internetseite - hier klicken.Harald Braem E-Mail: info@haraldbraem.de„Der Libellenmann“ ist im Herbst 2016 im Konkursbuchverlag Claudia Gehrke erschienen und kann dort bestellt werden. Das Buch hat 288 Seiten, Preis 12 Euro, ISBN 978-3-88769-559-0. Auch bei Amazon kann man den „Libellenmann“ ordern.Ende Oktober 2016 kommen Harald und Sylvia wieder nach La Palma und bringen Bücher mit. Dann gibt es den „Libellenmann“ in folgenden Läden: Gecko in Puerto Naos, La Sorpresa in El Paso und Teimi in Los Llanos.Von La Palma 24