Besuch einer DOP-Granja in Tijarafe:
Prima Käse von glücklichen Geißen
La Palma trägt den Beinamen die Grüne Insel, und die abwechslungsreiche Vegetation macht nicht nur Urlauber glücklich, sondern auch die Cabras Palmeras. Hunderte Ziegen dieser alten Rasse leben auf knapp 80 Bauernhöfen rings um die Insel, wo aus ihrer frischen Milch sofort Käse gemacht wird. Mehr als 30 der Produzenten stellen den Queso Palmero unter der strengen Aufsicht eines Kontrollrats her und dürfen ihre Erzeugnisse mit dem Qualitäts- und Herkunftssiegel „Denominación Orígen Queso de La Palma“ (DOQP) schmücken. Wir sind mit dem Veterenär des Consejo Regulador, Alejandro Escuder Gómez, auf eine Ziegenfarm mit Käserei nach Tijarafe gefahren.
Auf der Hauptstraße in den Norden von La Palma zweigen wir bei Tijarafe ab, und dann geht´s auf einer kleinen, kurvigen Straße durch die wundervolle Landschaft voller Mandelbäume und Blumen hoch hinauf. Hier wohnt kaum jemand, und ganz oben am Rand des Kanarischen Kiefernwaldes leben nur noch Saray, ihr Mann Juan Pablo und ihre beiden kleinen Kinder. Ein Stück entfernt von ihrem Haus liegt das Gebäude, in dem sie ihre Ziegen füttern und melken und ihren Käse namens „El Topito“ herstellen. Die Geißen, Zicklein und Böcke tummeln sich drumherum in freier Natur, wo sie auch schlafen – kleine Höhlen bieten ihnen Schutz. In dieser Kulisse gedeihen glückliche Tiere, die qualitativ hochwertige, protein- und fettreiche Milch liefern. Allerdings unter den strengen Auflagen der Europäischen Union. Veterenär Alejandro kommt hier – wie in allen anderen DOP-Höfen – zu regelmäßigen Kontrollen von Futter, Milch und Käse vorbei und weiß über alles Bescheid:Das Futter der Ziegen besteht aus Pflanzen und Sträuchern aus der Umgebung dieses Hofes, zum Beispiel die mit der Luzerne verwandte Tagasaste, die auch kanarischer Geißklee genannt wird. Juan Pablo holt sie frisch vom Berg und häckselt sie klein. Darüber hinaus erhalten die Tiere Zusatznahrung in gepresster Form, die Getreide oder Hülsenfrüchte wie Mais enthält, aber es gibt keinerlei künstliche Zusätze. Denn die Käseherstellung unter dem DOP-Qualitätssiegel beruht auf drei Säulen: Das Ziegenfutter muss auf La Palma wachsen, die Tiere müssen der Rasse Cabra Palmera angehören, und der Queso muss nach traditoneller Art produziert werden. Sprich: Der Käse wird wie schon seit Generationen „artesanal“ – also handwerklich – gemacht. Automatisch fließt nur die Ziegenmilch direkt nach dem Melken in einen Bottich, wo zur Gerinnung natürlich gewonnenes Lab zugesetzt wird. Nach circa 45 Minuten beginnt die Handarbeit: Saray schneidet die festgewordene Masse in ganz kleine Stückchen und hievt sie dann in sogenannte „Moldes“. Das dauert und verlangt ganzen Körpereinsatz, denn die junge Frau muss den Käsebruch in jede einzelne Form pressen – und zwar solange, bis sie das ganze Restwasser herausgedrückt hat. Pro Tag stellt Saray so rund 25 Laibe mit einem Kilo und vier mit knapp zwölf Kilo Gewicht her. Man könnte denken, dass diese schwere Arbeit abschreckt. Aber Alejandro weiß, dass das Gegenteil der Fall ist:Die Zahl von Ziegenkäseproduzenten, die die strengen, handwerklichen Auflagen erfüllen und in unseren Verband eintreten, steigt ständig. Derzeit zählen wir 34 Mitglieder, und für dieses Jahr erwarten wir wieder circa zehn Neuzugänge. Darunter sind sehr viele junge Leute, die die Granja ihrer Familie übernehmen. Der Altersdurchschnitt bei den Männern beträgt 42 Jahre und bei den Frauen 43 Jahre.Die Jungen wissen, dass die kontrollierte Produktion und das DOP-Ursprungs- und Qualitätssiegel maßgeblich zum Verkaufserfolg beitragen. Saray gehört zur Nachwuchsgeneration der Ziegenkäsehersteller und berichtet, dass sie ihren Käse ohne Probleme absetzt:Wir haben viele Stammkunden, der Großteil davon sind Palmeros, aber es gibt auch deutsche Residenten. Manche kommen vorbei und holen den Käse direkt auf der Granja ab, manche beliefere ich. Außerdem verkaufe ich meinen „El Topito“ auf dem Bauernmarkt in Tazacorte. Dabei haben die Kunden die Qual der Wahl. Denn wie andere Queseros produziert auch Saray den in 48 Stunden fertigen Queso Fresco, den circa eine Woche gereiften Queso Tierno, den circa drei Wochen gereiften Queso Semi-Curado und den Queso Curado, der in zwei Monaten Reifezeit seinen würzigen Geschmack erhält. Die frischen Käse aus Ziegenrohmilch sind sehr mild, und werden laut Saray am meisten verkauft. Aber sie räuchert auch ein paar Laibe, um ihnen ein intensiveres Aroma zu verleihen. Fachmann Alejandro unterstreicht, dass auch dabei nur Natur aus La Palma zum Einsatz kommt:Wie bei der Käseherstellung an sich hat jeder Quesero auch beim Räuchern seine „recetas mágicas“. Diese magischen und natürlich geheimen Rezepte beruhen auf den Pflanzen und ihren Mischungen, die verbrannt werden. Traditionell wird mit Kiefernholz oder Kiefernnadeln geräuchtert, im Süden wird gern die Turnera eingesetzt, in der Region um Puntagorda nimmt man oft Mandelschalen. Eines ist jedoch bei allen DOP-Quesos von La Palma gleich: Die Laibe werden oben und unten mit Meersalz aus den Salinen von Fuencaliente eingestrichen, und sie zeigen das wichtige Etikett des Käse-Kontrollrats für überwachte Produktion sowie das auffällig rot-gelbe EU-Siegel, das die original palmerische Herkunft nachweist. Alejandro weiß, dass diese Kennzeichnungen auch für den Export von großer Bedeutung sind:Auf dem spanischen Festland gibt es nur sehr wenig Käse aus Ziegenrohmilch, denn dort können die Tiere unter Krankheiten leiden, und die Milch muss pasteurisiert sein. Das wirkt sich natürlich auch auf den Geschmack aus – und es gibt Supermärkte und Restaurants, die unbedingt den unpasteurisierten Rohmilch-Käse mit seinem intensiveren Aroma und seiner an Milch erinnernden Note wollen und deshalb den Queso aus La Palma mit unserem Qualitäts-Zertifikat meist direkt bei den Granjas ordern. Denn die Cabra Palmera ist sehr gesund, das kommt auch daher, dass der Kontrollrat die Mischung mit eingeführten Rassen verbietet. Die ständigen Kontrollen der Rohmilch und der Erzeugnisse der DOP-Betriebe auf La Palma garantieren dem Verbraucher, dass alles in Ordnung ist. Diese Überwachung gibt es in den anderen Käsereien auf La Palma nicht. Sie dürfen ihre Produkte in den Supermärkten verkaufen, wenn sie im Registro Sanitario angemeldet sind. Käseliebhaber auf La Palma wissen um diesen Vorteil der DOP-Schmankerln, die deshalb auch weggehen wie warme Semmeln. Reich werden die meist im Familienbetrieb arbeitenden Ziegenbauern trotzdem nicht, berichten Saray und Juan Pablo. Obwohl sie im Morgengrauen aufstehen, für Futter sorgen, melken, produzieren, putzen, ausliefern, auf Märkte fahren und sich - wie alle Selbständigen - „nebenher“ noch um den Bürokram kümmern. Alejandro erklärt, warum die mit vollem Herz und Einsatz durchgeführte Käseproduktion keine Goldgrube ist:Unsere Mitglieder müssen ihre Tiere ja mit Pflanzen von La Palma füttern. Das heißt, sie können sich nicht beliebig vergrößern unbegrenzt Ziegen anschaffen. Sie müssen vielmehr überlegen, wieviel Land und dementsprechend Futter ihnen zur Verfügung stehen, und wie sie das mit ihrer Arbeitskraft bewältigen können. Außerdem wird niemand versuchen, die Milchproduktion der Tiere auf Teufel komm raus zu steigern, denn auch hier heißt das Ziel immer Qualität statt Quantität. Den Beweis für die Qualität liefert auch die erfolgreiche Teilnahme der DOP-Queseros bei Wettbewerben und Messen.Last but not least: Der DOP-Ziegenkäse erfüllt alle Bedingungen für ein Bio-Zertifikat oder das Weltbiosphärenreservat-La Palma-Siegel. Der Kontrollrat verzichtet jedoch darauf, diese Etiketten auch noch auf die Laibe zu kleben, da das des Guten zuviel wäre und die Verbraucher verwirren würde.Tipp für La Palma-Touristen: Die Käse mit dem Ursprungs- und Qualitätssiegel des Kontrollrats finden Sie in Lebensmittelgeschäften und auf Bauernmärkten rings um die Insel – dieser Link führt auf die Übersicht der Märkte. Noch mehr Infos über den Käse made in La Palma gibt es auf der Website des DOP-Kontrollrats in mehreren Sprachen – auch auf Deutsch.Von La Palma 24