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Ich liebe das Gefühl der Anonymität in einer Stadt, in der ich noch nie war
Bill Bryson

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Online Lesungen des Konkursbuch Verlags

Gastbeitrag | 25.04.2020 | 0 | Diesen Artikel teilen
© Claudia Gehrke

In diesem Frühjahr hatten wir vor, (endlich) wieder einmal unsere „Kanarische Literaturnacht“ in der Casa Massieu in Tazacorte zu organisieren. Auch ein neues Buch unserer kanarischen Reihe, den noch nach Druckerei duftenden, soeben erschienenen Roman „Geheime Liste“ von Bosco González hätten wir mitgebracht. Ein spannender „Schmöker“ über einen rebellischen Klosterbruder um 1940, mit Liebe, Verrat, Intrigen, Politik und Gewalt.

© Claudia Gehrke

Die Geschichte ist historisch genau recherchiert, viele Fakten entsprechen der Realität. Für zwei Monate wollte ich auf die Insel kommen, konnte aber im Februar wegen anderer Termine nicht wie geplant reisen. So dachten wir daran, die Literaturnacht nach der Leipziger Buchmesse kurz vor Ostern zu organisieren.

Der Shutdown begann. Leipzig fiel aus. Alle bleiben zuhause. Kaum Flüge. Keine Kondensstreifen mehr am Himmel (in La Palma, auf der Westseite, ja auch sonst nicht).

Auch die La-Palma-Thrillerlesung (eine Lesung in verteilten Rollen aus Regina Nössler, Wanderurlaub) im La Luna wäre wieder einmal „dran“. Die jährliche Liebeslebenlesung gab es im Dezember.

Wäre ich wie geplant gekommen und nicht zurückgeflogen, säße ich jetzt im Häuschen des Autors Udo Rabsch, wo ich immer wohne, wenn ich auf der Insel an unseren Büchern arbeite – nah an gefühlt 1000 Ziegen, die die Milch für die Käserei El Frontón liefern.

Früher ist eine Ziegenherde zweimal täglich am Haus vorbeigetrappelt und hat irgendwo im Grünen gefressen, heute gibt es einen riesigen Stall mit kleinem Auslauf.

Ab und zu, je nach Wind, wallt der Geruch hoch zu meinem schönen Außenarbeitsplatz mit weitem Blick über Landschaft aufs Meer.

So gerne ich am Häuschen bin – den ganzen Tag nur dort zu sein, würde ich schwer aushalten.

Ich spaziere hier durch die blühenden Streuobstwiesen (einige Ziegen gibt es auch und viele Schafe) und denke an La Palma, daran,

© Claudia Gehrke

dass ich dort (ohne Hund) nicht spazieren gehen könnte (die Wanderwege sind ja auch kaum auf Abstandshaltung hin zu kontrollieren).

© Claudia Gehrke

Ich stelle mir vor, wie es in den vielen traumhaften Insellandschaften blüht, ohne Betrachter*innen. – Ich frage mich, ob sich das Rabo de gato, das Lampenputzergras weiter breitgemacht hat?

Ob der Mohn und die anderen Blumen die Hänge bei Cabeza de vaca überquellend rot und bunt färben (mein Ausblick vom La Palma Arbeitsplatz Richtung Berge), wie oft im April oder Mai? Ist es dafür zu früh? Oder werden die Hänge in diesem Jahr weniger bunt, da die Insel zu trocken ist?

Wie sieht es in der Nähe des Häuschens aus? Schon so trocken wie im Hochsommer? Ist das Gelände mit vom Wind abgerissenen Palmenwedeln und heruntergefallenen Orangen bedeckt? Auch die Orangen habe ich verpasst.

Im Dezember, als ich das letzte Mal dort war, waren zwei schon reif, viele andere reiften. Manchmal sehe ich mir per Webcam die leeren Strände an, unwirklich, als gäbe es niemanden mehr auf der Welt.

Mir fehlen die Begegnungen mit den Freundinnen und Freunden auf der Insel.

Die Funken zwischen Menschen bei persönlichen Begegnungen, die zu Ideen führen können und zu vielem mehr, lassen sich nicht durch „online“ ersetzen.

Dennoch versuchen auch wir wie viele Verlage, digitale Begegnungen zu ermöglichen und stellen kurze Lesungen online.

In Arbeit auch Lesungen mit Texten aus unseren La Palma Büchern.

Von links nach rechts: Claudia Gehrke, Uka Rösch, Rainer Tietel © Claudia Gehrke

Vielleicht gelingt uns, die Lesung „Wanderurlaub“ aufzunehmen, vielleicht liest Peter Butschkow aus dem „Canarias-Buch“ seinen Text über einen Caldera Spaziergang aus der Zeit, bevor es die Taxis gab, die nach Los Brecitos hochfahren, vielleicht stellen wir auch eine Lesung mit verschiedenen Ausschnitten aus den Texten kanarischer Autorinnen zusammen.

Von links nach rechts: Maria Gutierrez, Claudia Gehrke, Hedda Wortmann © Claudia Gehrke

Andere Lesungen können Sie schon jetzt hören.

Einige Texte haben wir in der Liebeslebenrunde schon oft auf La Palma gelesen, sehr unterhaltsam vorgetragen von Uka Rösch und Rainer Tietel – in den Videos lesen die Autorinnen selbst:

Anne Bax schreibt pointiert humorvoll, eine Pressestimme: „Bodenlos amüsant, schreiend komisch werden auch die unsäglichsten Situationen in Anne Bax' schneller Schreibe zu einem atemberaubenden Lesevergnügen“.

Anne Bax liest „Eine berechtige Frage“ (aus dem Buch „Wirklich ungeheuer praktisch“) und „Warum man Spaghetti einfach mögen muss“ (aus dem Buch mit Rezepten und Geschichten zum Vorlesen: „Kochen und Küssen“).

Jeden Montag, 19 Uhr, stellen wir eine neue Lesung mit ihr online auf unsere Facebookseite.

Auch Texte von Kali Drische (aus dem Buch „Neulich im Schrank“ – Kurzgeschichten quer durchs (Liebes-)Leben, von Kindheit bis zum Ende. Presse: „Man lacht, man weint, man leidet mit.“ – Margarete Stokowski, taz.de) kamen schon in der Liebesleben-Leserunde im La Luna vor: Die Autorin liest 5 Geschichten.

Die Geschichten werden je Mittwoch und Samstag, 19 Uhr, über unsere Facebookseite verlinkt. Auf Youtube können Sie auch schon jetzt die anderen Geschichten anhören.

Hier die Links vorab für La Palma 24: Hier geht’s zur 1. Lesung von Kali Drische: "F…" und hier zur 2. Lesung Kali Drische: "Kinderwunsch" … – zur 3. Lesung Kali Drische: "Rote Rosen" – zur 4. Lesung Kali Drische: "Unbeschwerte Tage" – zur 5. Lesung Kali Drische: "Die Zecke".

Ein erstes „Übungslesungsvideo“ des Textes „Herr Trinks“ aus dem La Palma Buch wurde von Herrn Rainer Tietel bereits online gestellt.

Kali Drische © Claudia Gehrke

Weiterhin gibt es eine Lesung aus „Der wunde Himmel“ von Jeannette Oertel, einer spannenden Mischung aus Liebesgeschichte und Politthriller, die im Berliner Botschaftsmilieu spielt (die Autorin selbst hat eine Weile im Diplomatischen Dienst gearbeitet. Hier der Link: "Der wunde Himmel" von Jeannette Oertel.

Marina Lioubaskina © Claudia Gehrke

Und eine Lesung der in Berlin lebenden usbekisch-russischen Autorin und Malerin Marina Lioubaskina, deren Hauptfigur Alice wir 200 Tage durch Berlin und in ihre Erinnerungen folgen.

Sie liest zwei Erinnerungen aus Usbekistan. Online-Lesung Marina Lioubaskina aus Alice-Soliton. Die Leseprobe spielt in Berlin: Leseprobe Marina Lioubaskina, Alice.

Last but not least, auf Facebook, liest Karen-Susan Fessel aus ihrem biografischen Roman „Mutter zieht aus“ über eine Frau der Kriegsgeneration: Karen-Susan Fessel liest „Mutter zieht aus“ Video von der Live-Lesung auf Facebook. "Karen-Susan Fessel hat eine Liebeserklärung an ihre Mutter geschrieben, die viele Töchter ihrer Generation teilen werden … 'Mutter zieht aus' ist eine ergreifende Lebensgeschichte, die einer leise verschwindenden Frauengeneration eine einfühlsame und wertschätzende Stimme verleiht." (Hil La, die Zeitschrift der Buchhandlung Hilberath & Lange in Mülheim)

Wir wünschen Ihnen alles Gute in dieser schwierigen Zeit!

Claudia Gehrke, seit 1978 Verlegerin, Konkursbuch Verlag (anfangs neben dem Verlag noch Arbeit als Krankenhauslehrerin). Seit Anfang der 80er Jahre reist sie nach La Palma. Im Programm eine „Kanarische Reihe“, darunter Romane kanarischer Autorinnen und Autoren und verschiedene Bücher über La Palma (u.a. Ines Dietrich, Geheimnisse der Insel).

Ein Reiseführer durch 12 Monate; Regina Nössler, Wanderurlaub (Thriller, in La Palma 24 gab es einmal ein Interview mit ihr); Udo Rabsch, Tazacorte (Roman); Harald Körke, Noch ein verdammter Tag im Paradies (Aussteigergeschichten, ein „Klassiker“, erstmals 1988 erschienen, noch immer unterhaltsam), Harald Braem, Der Libellenmann und der zweisprachige „Klassiker“: „La Palma – Die Canarische Insel“ (Hrsg. Simone Eigen, Juan Manuel Castro (der Flora- und Faunakenner ist leider vor Kurzem verstorben) und Wulf Göbel, erstmal erschienen 1985, mehrere Auflagen, erweiterte Neuausgabe in Arbeit)

Claudia Gehrke © Claudia Gehrke

Gastbeitrag von Claudia Gehrke

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