Der Silvesterabend auf La Palma:
Durchgeknallte Bräuche und Korken
Wenn auf La Palma das Neue Jahr eingeläutet wird, haben alle den Hals voll. Die fruchtige Verstopfung des Schluckmuskels mit dem Ziel der Wunscherfüllung ist allerdings nur einer von drei durchgeknallten Silvesterbräuchen auf der nordwestlichsten Kanareninsel.
An Silvester werden in ganz Spanien und auf den Kanaren drei Bräuche zelebriert: Glückstrauben, Ringe im Sekt und rote Unterwäsche. Insbesondere die Tradition der Uvas de la Suerte liefert überaus heitere Szenen. Dabei stopfen sich die Spanier auf dem Festland zum vom Fernsehen landesweit ausgestrahlten Läuten der Turmuhr an der Puerta del Sol in Madrid zwölf Glückstrauben in den Schlund. Dabei wünschen sie sich was, das – natürlich - in Erfüllung geht. Voraussetzung ist allerdings, dass alle Uvas de la Suerte bis zum letzten Glockschlag im Magen angelangt sind. Weil das selbst mit kleinen oder schon enthäuteten Weinträubchen alles andere als einfach ist und in der Vergangenheit so manchen Erstickungsanfall ausgelöst hat, bimmelt die Madrider Uhr seit ein paar Jahren nicht mehr nur 12, sondern 36 Sekunden lang.La Palma: Es silvestert eine Stunde später
Aber La Palma liegt halt „jenseits von Afrika“ und damit nicht in der Mitteleuropäischen Zeitzone (MEZ). So wird das Neue Jahr auf den Kanarischen Inseln eine Stunde später als in Spanien um 1 Uhr MEZ eingeläutet – ebenso wie beispielsweise in Gambia, Marokko, England oder auf der Raumstation ISS. Fazit: Palmeros können ihre Glückstrauben nicht im Live-Takt der Madrider Turmuhr schlucken. Macht aber nichts - die kanarischen Radio- und Fernsehsender übertragen ihr eigenes Geläute. Das dauert von Jahr zu Jahr unterschiedlich lang. Grund: Jedes Silvester ist eine andere Kirche an der Reihe, und eine einheitliche Regelung für das Gebimmel gibt es weder auf dem Festland noch auf den Kanaren.So stört sich auch auf La Palma niemand daran, dass in vielen Bars und Restaurants CDs aufgelegt werden, die zwölf Glockenschläge im schnellen 1-Sekunden-Takt wiedergeben. Trotz akuter Lebensgefahr in diesem engen Zeitrahmen ist der Spaßfaktor groß. Und selbst Urlauber, denen die hektische Schlingerei zunächst spanisch vorkommt, greifen begeistert zu den Trauben, die die Wirte an Silvester gratis reichen. Gegen die lebenslang trainierten palmerischen Profis haben sie jedoch meist keine Chance.Bringen Glück: Liebesringe im Sektglas & rote Dessous
Alle, die das Traubenschlucken unbeschadet überstanden haben, werfen nun einen goldenen Liebes-Ring ins Neujahrs-Sektglas. „Stößchen“ sagt man dabei gerne mal mit einem „Zorongo“. Das ist der einzige inseleigene Sekt auf La Palma, fruchtig-frisch produziert von der Kellerei Tendal.Glück in der Liebe "garantiert" ein weiterer Brauch auf der Insel, der allerdings undercover daherkommt oder nur beim ganz genauen Hinschauen kurz hervorblitzt. Denn nur wenige der zum Fin de Año aufwändig gestylten palmerischen Damen lassen durchblicken, dass sie unter ihren schicken Abendroben noch was viel Schickeres tragen. Insider und ausverkaufte Wäscheläden wissen allerdings Bescheid: Rote Dessous sind in der Noche Vieja ein Muss.Der Silvesterabend: Erst mal ganz tranquilo anfangen...
Die letzte Nacht des alten Jahres beginnt auf La Palma ganz gemütlich. Zunächst trifft man sich zuhause oder im Restaurant zum festlichen Tafeln. Urlauber gewinnen in den frühen Abendstunden den Eindruck, an Silvester wäre auf der Insel der Hund begraben. Aber es ist nur die Ruhe vor dem Sturm. Gegen Mitternacht, wenn die Silvester-2014-Beginner im pazifischen Inselstaat Samoa nach 13 Stunden Party schon wieder ermattet in der Koje liegen, geben die Palmeros Vollgas. Korken und Musik knallen auf öffentlichen Plätzen der Insel, viele Bars machen jetzt erst auf – und dann steppt der Bär bis in den Morgen.Von La Palma 24