La Palma ist eine kleine Insel jenseits von Afrika, die viele Leute noch nicht mal kennen. Aber einmal im Jahr richtet sich der Blick von abertausenden Menschen aus mehr als 100 Ländern auf die Isla Bonita – und zwar immer im Mai, wenn die Transvulcania ausgerufen wird. Einer der rund 3.600 Skyrunner, die 2019 zum Tanz über die Vulkane angetreten sind, ist Hannes Namberger aus dem bayrischen Ruhpolding. Wir sprachen mit dem Zehntplazierten im Ultramarathon im Ziel in Los Llanos über die Trendsportart Skyrunning.
Hannes Namberger erzählt vom
"Weiter-als-einen-Marathon-laufen-Phänomen"
Hannes, erst mal Gratulation zum 10. Platz im Transvulcania-Ultramarathon 2019! Letztes Jahr warst Du Achter auf dem 74-Kilomter-Trail und hast im Ziel ein bisschen frischer gewirkt. Hat Dir die Hitze zu schaffen gemacht?Hannes Namberger: Mit der Hitze habe ich kein Problem gehabt, aber ich musste mehr als vier Stunden lang kämpfen, denn meine Oberschenkelmuskeln haben gekrampft und ab und zu total blockiert. Ich hab mir unterwegs sehr oft überlegt, aus dem Rennen zu gehen, denn sowohl bergauf- als auch bergablaufen war fast unmöglich. Aber jetzt bin ich froh, dass ich mich durchgebissen habe und bin super happy mit meinem 10. Platz.Warum tut man sich das eigentlich an und läuft eine Strecke in acht Stunden, auf der andere ein paar Tage lang wandernd unterwegs sind? Hannes Namberger: Die Transvulcania ist einfach ein Erlebnis und steht auf der To Do-Liste der Skyrunner ganz oben, gleich nach dem Ultratrail am Mont Blanc – dort werde ich heuer übrigens auf dem 100 Kilometer-Kurs starten. Aber die TRV auf La Palma ist für die meisten Läufer eines der Top 10-Rennen der Welt, weil die Landschaft und der Sonnenaufgang nach dem Start im Süden der Insel so sensationell sind. Und das Publikum hier ist genial: In Fuencaliente stehen sie schon frühmorgens an der Straße, dann am Roque de Los Muchachos selbst bei 40 Grad und den ganzen Weg vom El Time runter. Und in Tazacorte denkst Du, was ist denn hier los – voll geil, es ist brutal... Und dann geht´s hoch ins Ziel nach Los Llanos und dort stehen im zwei Kilometer langen Zieleinlauf Massen von Leuten. Da läufst Du einfach, da kannst Du nicht gehen, selbst wenn Du total fertig bist (lacht). Das erklärt zwar, warum die Transvulcania bei den BergläuferInnen auch „Big Party“ heißt, aber nicht den Mega-Hipe, den dieser Sport in den vergangenen zehn Jahren ausgelöst hat...Hannes Namberger: Ich glaube, der Grund ist, dass man nicht ins Fitness-Studio geht und auf dem Laufband seine Kilometer macht, sondern raus und den Berg hochläuft und eine geile Zeit in der Natur genießt. Das ist das, was diesen Sport ausmacht: Ich brauche keinerlei Hilfsmittel, kein Formel 1-Auto und kein Mountain-Bike. Die natürlichste Sportart ist Laufen, und das könnte eigentlich jeder und jede machen. Am Anfang wurden die Bergläufe und insbesondere die Ultras kaum vom Fernsehen übertragen. Aber die Fans vervielfachten sich dessen ungeachtet. Bei der Transvulcania zum Beispiel waren anfangs gerade mal 500 am Start – heute sind es 3.600 in vier verschiedenen Disziplinen: Vertical, Halbmarathon, Marathon und Ultramarathon...Hannes Namberger: Das ist durch die sozialen Medien zu erklären. Jeder von uns hat Facebook oder Instagamm, und jeder hat sein Handy dabei und präsentiert sich selbst. Und so repräsentieren wir den Sport ganz gut nach außen. Das klingt jetzt vielleicht ein bisschen blöd, aber auch ich habe viele Leute zum Laufen in den Bergen gebracht. Aber inzwischen interessiert sich das Fernsehen längst für unseren Sport: Hier auf La Palma begleitet mich und meine Freunde zum Beispiel ein Team vom ZDF. Die haben eine Drohne dabei und schneiden den Ultra zusammen, außerdem haben sie uns vor und nach dem Rennen interviewt. So wollen sie den Zuschauern erklären, was wir eigentlich treiben. Wer sich´s vormerken will: Die Reportage wird im Zweiten Deutschen Fernsehen am 2. Juni 2019 um 18 Uhr ausgestrahlt. Du bist zu dieser Transvulcania zusammen mit Lukas Nägele aus Deutschland und Daniel Jung aus Südtirol angereist, und ihr wohnt zusammen in einem Ferienhaus in La Laguna. Außerdem ist auch Florian Reichert den Ultra 2019 gelaufen, den ihr ebenfalls kennt. Wart Ihr auch zusammen auf der Strecke unterwegs? Hannes Namberger: Ich bin zwar meistens mit Daniel und Lukas unterwegs, aber es gibt kein Team Deutschland oder so. Auch auf der Strecke bleibt man nicht mit zurück, wenn einer ein Problem hat. Daniel, der 2018 Siebter und 2017 Fünfter beim TRV-Ultra war und mit 7 Stunden 35 eine sehr gute Zeit stehen hat, musste dieses Jahr aufgeben, weil er etwas erkältet war. Florian lief auf Platz 9 vor mir, und Lukas gelang der 15. Rang. Im Prinzip macht auf dem Trail jeder so sein eigenes Ding.Du hast es 2019 gerade noch unter die Top-Ten geschafft. Wirkt sich das jetzt auch finanziell aus, immerhin gehört die Transvulcania zu den just von der International Skyrunning Federation ins Leben gerufenen SkyRaces, die auf den vorderen Plätzen mehr Punkte und mehr Prämie bringen? Hannes Namberger: Nicht wirklich, der Sieger bei den SuperSky-Races kriegt jetzt gerade mal 2.000 Euro. Das ist ja eigentlich ein Kindergarten, das bekommt ein Fußballer in der dritten Liga. Wir sind völlig unterbezahlt, aber das ist wirklich sch..egal (lacht).Um die Kohle geht es also nicht, aber um was dann?Hannes Namberger: Das Geld ist in unserem Sport eher Nebensache, da geht´s um Ruhm und Ehre. Es reicht schon, dass die Leute das cool finden, was wir machen, und dass jeder fagt: „Wie geht denn sowas, dass Du in so einer Zeit über die Insel läufst?“ Für uns ist das nichts Außergewöhnliches, aber das ist meines Erachtens mehr wert als Geld.Ein bisschen gesponsort wirst Du aber schon, oder?Hannes Namberger: Ja, ich bekomme von Dynafit Material und Spesen, und die Autovermietung La Palma 24 hat mir, Daniel und Lukas für die Woche um die Transvulcania 2019 einen Wagen zur Verfügung gestellt. Aber wir sind noch ganz weit weg von Stars wie zum Beispiel Luis Alberto Hernando, dem jeder zu Füßen liegt. Hast Du noch ein paar Tipps für unsere LeserInnen – zum Beispiel im Blick aufs beste Alter fürs Skyrunning oder aufs Essen vor einem Ultramarathon?Hannes Namberger: Das Alter ist nicht entscheidend. Kilian Jornet zum Beispiel hat schon mit 20 alles gewonnen, aber man kann auch noch mit 40 sehr gut sein. Ich bin 30, der Daniel Jung ist 36 und der Luis Alberto geht auch schon auf die 40 zu. In Sachen Ernährung gibt es keine alllgemeingültige Formel. Ich zum Beispiel verzichte auf Weizen, Milch und Zucker, denn ich bin überzeugt, dass ich das nicht brauche. Ich setze auf andere Lebensmittel, die mir mehr Energie geben.Hast Du einen Super Food-Tipp für die Tage vor den Rennen?Hannes Namberger: Mein Renngericht ist ein Vok aus Kartoffeln, Süßkartoffeln, Reis, Gemüse, Kokosmilch und Curry. Das gibt Kraft.Wir danken Dir fürs Gespräch, Hannes und wünschen weiterhin viel Erfolg beim Sprint in den Himmel! Anmerkung der Redaktion: Hannes Namberger wurde nicht nur 10. bei der Transvulcania 2019. In der vergangenen Saison gewann er zahlreiche Rennen in Europa, darunter den Trans Alpin Run, bei dem die Bergläufer in sieben Tagen 260 Kilometer bewältigen müssen. Anfang 2019 war er auch schon auf La Palma, wo er nach seinem Lauf-Freund Daniel Jung zweiter beim Acantilados del Norte-Race wurde. Diese Challenge auf dem großen Küstenwanderweg GR 130 im Norden der Isla Bonita zwischen Garafía und Barlovento wird von Fitters organisiert, ist auf 300 TeilnehmerInnen begrenzt, und man kann sich jetzt schon für 2020 anmelden. Denn nach dem Rennen ist vor dem Rennen - und so hat die Transvulcania-Organisation am Sonntag nach den Runs bereits ihr Motto für den 9. Mai 2020 bekannt gegeben: "Sons of the Volcanoes" heißt es. Ups, da hat die Rennleitung wohl vergessen, dass auch jede Menge Töchter über die Vulkane stürmen. Das zeigen die Ergebnisse der Transvulcania 2019 ganz deutlich.Von La Palma 24